Automatiktür ins Unglück | SchochenWau 20/2025

Muss das sein? | Bild von Andrés Carlo auf Pixabay
Muss das sein? | Bild von Andrés Carlo auf Pixabay

Verwechslungen, Irreführungen, Falschheit und Tod — wir blicken auf eine wahrhaft dramatische Woche zurück.

Vorsatz statt Fahrlässigkeit

Die Strafe, die der Halter eines American Staffordshire-Terriers aus Gärtringen kassiert hat, kann wohl ohne Übertreibung als außergewöhnlich hoch bezeichnet werden. Sein Hund hatte im April 2024 einen seiner Kunden angegriffen, der sich vor Beginn der Öffnungszeiten im Windfang der Geschäftsräume aufgehalten hatte. Dazu hatte der Hund die Sensorik einer automatischen Schiebetür ausgelöst, welche so programmiert gewesen war, dass sie nur von innen durch Annäherung geöffnet werden konnte. Die Bisswunden führten zu einer fünfwöchigen Arbeitsunfähigkeit, zivilrechtlich wurde ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 Euro gezahlt.
Der Geschäftsmann hatte einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Körperverletzung erhalten und hiergegen Einspruch eingelegt. In der nun stattgefundenen mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Böblingen versuchte er, einen Freispruch zu erwirken und argumentierte, alle Vorkehrungen getroffen zu haben, dass der in seinen Geschäftsräumen freilaufende Hund niemanden angreifen konnte. Es sei schon ungewöhnlich, dass Kunden überhaupt vor Geschäftsöffnung die Räumlichkeiten aufsuchten. Zudem gebe es ein großes Hinweisschild und er habe nicht damit gerechnet, dass sein Hund die Tür würde öffnen können. Insofern sei ihm keine Fahrlässigkeit vorzuwerfen.
Das Gericht sah die juristische Sachlage allerdings komplett anders und verurteilte den Angeklagten nicht etwa wegen fahrlässiger, sondern wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Mit 200 Tagessätzen zu jeweils 200 Euro, also 40.000 Euro, überbot es dabei nicht nur den Ausspruch im Strafbefehl, sondern auch den Antrag der Staatsanwaltschaft um 30 Tagessätze.
Mit hereingespielt in diese Verurteilung hat sicherlich die Tatsache, dass es sich bei dem Hund des Angeklagten um kein unbeschirebenes Blatt handelte. Nach drei Beißvorfällen im Jahr 2023 hatte die Gemeinde Gärtringen Leinen- und Maulkorbpflicht verhängt, seit dem hier verhandelten Vorfall befindet sich der Terrier im Tierheim1.

Vater statt Sohn

Eine ähnliche Geschichte — gleichwohl mit anderen Konsequenzen — hatte sich im August 2024 in Lilienthal ereignet. Auch hier war es ein mit Leinen- und Maulkorbpflicht belegter Hund, der durch geöffnete Haus- und Hoftüren das „eigene“ Grundstück verlassen und einen Passanten sowie seinen Hund attackiert hatte. Für den Biss und die damit verbundenen leichten Schmerzen über zwei Wochen hinweg hatten der Geschädigte und die Versicherung des Angeklagten €500,- Schmerzensgeld ausgehandelt, der Angeklagte erhielt einen Strafbefehl über 20 Tagessätze zu je 50 Euro. Den hiergegen gerichteten Einspruch nahm er nun in der mündlichen Verhandlung beim Amtsgericht Osterholz-Scharmbeck zurück — auch ´, weil er mit seiner Argumentation nicht durchdringen konnte, nicht er selbst, sondern sein Sohn sei der verantwortliche Hundehalter. Der geschädigte Zeuge nämlich hatte von den Verhandlungen mit dem Haftpflichtversicherer berichtet, und der hatte sich eben für den Angeklagten bestellt und nicht für dessen Sohn2.

Tot statt gefährlich

Auch in einem Verwaltungsrechtsstreit in Braunschweig ging es um Leinen- und Maulkorbpflicht, und wieder ist der Ausgang kurios. Der Landkreis Peine hatte den Hund der Klägerin im Sommer 2022 als gefährlich eingestuft und für ihn besagte Pflicht angeordnet. Wenige Monate später wurde die Frau dann dabei „erwischt“, wie sie mit einem Hund ohne Maulkorb spazieren ging. Sie gab an, es habe sich gar nicht um ihren Hund gehandelt. Gegen die darauf erfolgte Anordnung, beide Hunde der Behörde vorzuführen, erhob sie dann Klage beim Verwaltungsgericht, wobei sie aber erst in der nun erfolgten mündlichen Verhandlung Dokumente vorlegte, die beweisen, dass der mit der Maulkorbpflicht belegte Hund bereits vor dem fraglichen Spaziergang verstorben war. Die Parteien erklärten den Rechtsstreit für erledigt, eine Entscheidung über die Kosten steht noch aus3.

Fälschung statt Original

In der mecklenburgischen Ortschaft Warin wurden zwei Wohnungen von Beschuldigten durchsucht. Den 35 und 43 Jahre alten Männern wird vorgeworfen, falsche Dokumente erstellt zu haben, mit deren Hilfe sie Welpen als Rassehunde verkaufen könnten. Bei der vom Amtsgericht Schwerin angeordneten Aktion waren auch Mitarbeiter des Kreis-Veterinäramtes Nordwestmecklenburg zugegen, die 16 Hunde sicherstellten und gegenüber dem „Nordkurier“ angaben, mehrere Tiere hätten auch Merkmale einer Defektzüchtung aufgewiesen4.

Gnade statt Vollzug

Es gibt Neuigkeiten zum Fall des Treckerfahrers aus Rabber bei Bad Essen, der einen Hund überfahren hatte und sodann zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt wurde — allerdings wegen der Bedrohung zweier Menschen, nicht der Tötung des Hundes; hier hatte das Amtsgericht Osnabrück kein vorsätzliches Handeln erkennen können. Die mit seiner Bewährung verbundene Geldauflage hat er nicht gezahlt, dafür musste er nun seine Haftstrafe antreten5. Drei Tage später jedoch wurde schon vermeldet6, dass er sich nach einem Gnadenantrag wieder auf freiem Fuß befindet.

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  1. Sindelfinger Zeitung/ Böblinger Zeitung vom 18. Mai 2025. ↩︎
  2. Weser-Kurier vom 11. Mai 2025. ↩︎
  3. Peiner Allgemeine Zeitung vom 13. Mai 2025. ↩︎
  4. Nordkurier vom 16. Mai 2025. ↩︎
  5. Neue Osnabrücker Zeitung vom 13. Mai 2025. ↩︎
  6. Land und Forst vom 16. Mai 2025. ↩︎

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